Unangefochtener Spitzenreiter
Asphalt ist für Strassenbeläge das unbestritten beste Baumaterial: schnell einbaubar, flexibel, robust – und nahezu alternativlos. Warum ist das so? Empa-Forscher Martins Zaumanis kennt die Gründe. Und er ist überzeugt: An der Poleposition von Asphalt dürfte sich so bald nichts ändern.

Elastisch, griffig und sicher: Asphalt ist in allen Höhenlagen der bevorzugte Strassenbaustoff. Diese Asphaltstrasse führt über den Lukmanierpass und enthält in den Unterschichten 70 bis 85 Prozent Recyclingmaterial.
Das Gespräch mit Martins Zaumanis beginnt mit einer klaren Ansage: «Ich bin ein Asphalt-Fan.» Der gebürtige Lette beschäftigt sich schon seine ganze wissenschaftliche Karriere lang mit Asphalt: «Ich finde es spannend, etwas Praktisches zu erforschen, das einen grossen Einfluss auf unseren Alltag hat.» Sein Ziel: Asphalt nachhaltiger zu machen. «Wir können noch vieles tun, damit das Material ökologischer wird.» Ein Stück ist er seinem Ziel bereits näher gekommen – doch mehr dazu später.
Asphalt ist der meistverwendete Strassenbelag. In der Schweiz werden davon jährlich gegen fünf Millionen Tonnen produziert. Sein Hauptkonkurrent: Beton. Weil dieser langlebiger ist als Asphalt, kommt er auf Autobahnen, Start- und Landebahnen oder an Bushaltestellen zum Einsatz. Doch weil Asphalt insgesamt überzeugendere Vorzüge aufweist, bleibt er der unangefochtene Spitzenreiter für Strassenbeläge. Asphalt ist elastisch und somit tolerant gegenüber Temperaturunterschieden. Die gleichmässige Oberfläche erhöht den Fahrkomfort und reduziert Lärm, und die Oberflächenstruktur sorgt für Griffigkeit und Sicherheit. Das Material punktet aber auch aus Kostengründen: Bitumen fällt als Nebenprodukt bei der Herstellung von Diesel und Benzin an und ist in grossen Mengen verfügbar.
Bitumen bleibt die Nr. 1
Die Kehrseite: Bitumen – wie auch Zement im Beton – verursacht hohe CO₂-Emissionen. Entsprechend gross ist das Interesse an nachhaltigen Alternativen. So wird zum Beispiel mit Reststoffen aus der Cashewnuss-Produktion oder Pilzstrukturen experimentiert. «Das ist tatsächlich ein grosses Thema auf Forschungskonferenzen. Allerdings existieren noch keine marktfähigen Lösungen», sagt Martins Zaumanis. Auch wurde schon versucht, Strassenbelag ganz neu zu denken. So gibt es in Indien Strassen aus Kunststoffplatten, hergestellt aus Plastikabfall. Daraus ergeben sich aber neue Probleme: «Es entsteht Abrieb und Mikroplastik. Ausserdem ist die Verbindung der Platten nicht stabil genug für hohe Geschwindigkeiten.»
Diese Beispiele zeigen, wie schwierig es ist, einen gleichwertigen Ersatz für Asphalt zu finden. «Asphalt ist ein wunderbares Material und Bitumen ein perfektes Bindemittel. Am sinnvollsten ist es darum, das vorhandene Bitumen immer wieder zu nutzen», sagt Martins Zaumanis. Seine Forschungsprojekte zeigen, dass das möglich ist: Asphalt kann zu 100 Prozent rezykliert werden. «Tatsächlich ist die Recyclingrate von Asphalt höher als die jedes anderen Materials, sogar höher als die von Stahl.» Weil in der Schweiz kaum mehr neue Strassen gebaut werden, staut sich in vielen Werken der Ausbauasphalt. Der Empa-Forscher untersucht darum, wie sich der Recyclinganteil im neuen Mischgut weiter erhöhen lässt. Auf Teststrecken in Uster und am Lukmanierpass konnte er zeigen, dass hohe Beigaben von Ausbauasphalt in allen Schichten möglich sind. Während auf stark befahrenen Strassen in der Deckschicht meist auf Recyclingmaterial verzichtet wird, wurden in Uster 30 Prozent Ausbauasphalt beigemischt. Für die darunter liegende Binderschicht empfehlen sich zwischen 40 und 50 Prozent. Auf der wettertechnisch exponierten Strecke über den Lukmanierpass wurden in den Unterschichten sogar 70 bis 85 Prozent Recyclingmaterial eingebaut. Beide Beläge zeigen auch drei Jahre nach dem Einbau keine Leistungseinbussen.

«In den kommenden Jahrzehnten wird Asphalt der bevorzugte Strassenbaustoff bleiben.»
Martins Zaumanis
Asphaltforscher, Empa

Die Strasse als CO₂-Speicher
Auch in Martins Zaumanis’ neuestem Projekt steht die Nachhaltigkeit im Zentrum: Es geht um Asphalt als CO₂-Speicher. Ein Empa-Team hat CO₂ speichernden Beton entwickelt. Dafür wurde Kohlenstoff zu Pellets gepresst, die als Ersatz für die Gesteinskörnung im Beton dienen. Dieses Prinzip möchte Martins Zaumanis nun auf Asphalt übertragen. Auf dem Gelände der Empa in Dübendorf sollen die entwickelten Asphaltbeläge dereinst eingebaut und getestet werden: «Damit bringen wir unsere Forschung vom Labor in die reale Anwendung», sagt Martins Zaumanis und fügt an: «Asphalt als CO₂-Speicher hat Vorteile für die ganze Gesellschaft. Aber wir müssen sicherstellen, dass wir die Qualität des Strassenbelags nicht verlieren.»
Nicht nur das Mischgut verändert sich, auch die Prüfmethoden entwickeln sich weiter. Wo früher vor allem die Proportionen zwischen den Materialien festgelegt wurden, wendet Martins Zaumanis nun leistungsorientierte Methoden an. Zum Beispiel wird mit dem Wheel-Tracking-Test eine stark befahrene Strasse simuliert, und in der Klimakammer muss ein neues Mischgutrezept seine Frosttauglichkeit unter Beweis stellen. «So realistische Prüfmethoden schaffen Vertrauen in neue Mischungen», sagt der Asphaltexperte.
Zustandsbericht in Echtzeit
Welches Material wird den Strassenbau in Zukunft dominieren? «In den kommenden Jahrzehnten wird das Asphalt bleiben», ist Martins Zaumanis überzeugt. Denn der Belag, der heute eingebaut wird, kann mehrfach wiederverwendet werden. Parallel dazu denkt der Forscher bereits weiter: Autos könnten dereinst über die eingebauten Sensoren, die die Ebenheit der Strasse messen und so Fahrsicherheit und -komfort verbessern, auch Daten zum Echtzeitzustand der Strasse liefern: «Ein solches Modell würde die Planung von Sanierungsarbeiten und Ressourcen erleichtern.»
Martins Zaumanis studierte Ingenieurwesen und spezialisierte sich auf den Strassenbau. Seine Doktorarbeit schrieb er in den USA. Seit 2016 arbeitet er bei der Empa in Dübendorf; seit diesem Jahr leitet er das Team Asphalt und Bitumen. In seiner Freizeit widmet er sich seinem Projekt Peer Recognized, das jungen Forschenden hilft, eine akademische Karriere aufzubauen.
Text: Fabienne Frei