«Es geht immer um Teamwork»

    Ein stimmungsvolles Stadion und eine riesige Fangemeinde: Das zeichnet – neben den sportlichen Leistungen – den FC St.Gallen aus. Auf Wunsch unserer Leserschaft haben wir Präsident Matthias Hüppi zum Gespräch getroffen. Er hat uns unter anderem verraten, was der Fussball und der Strassenbau gemeinsam haben.

    Matthias Hüppi, viele Angestellte in unseren Strassenbaufirmen sind leidenschaftliche Fans des FC St.Gallen. Warum passen Fussball und Strassenbau so gut zusammen?
    Da gibt es einiges: Sowohl im Strassenbau als auch im Fussball geht es um Teamwork. Und viele Strassenbauer stammen aus südlichen Ländern, die besonders fussballaffin sind. Dass aber so viele von ihnen auch Fans des FC St.Gallen sind, hat sicherlich damit zu tun, dass es in der Geschichte unseres Clubs schon immer enge Verbindungen zu verschiedenen Strassenbaufirmen gab. Dabei tauchen einige grosse Namen auf, die die Geschicke des Vereins mitgelenkt und mitverantwortet haben. Der bekannteste unter ihnen ist Elio Cellere, der von 1965 bis 1974 unser Präsident war.

    Man sagt, die Ostschweizer gehören allgemein zu den treuesten Fussballfans überhaupt …
    Das stimmt, das ist keine Erfindung! Deutlich wird das vor allem in den Momenten, in denen es nicht so brillant läuft. Wenn du sieben Matches hintereinander gewinnst, ist es einfach, die Fans zu begeistern. Wenn es aber holprig wird und die Emotionen hochkochen, ist die Unterstützung aus der Fangemeinde nicht selbstverständlich. Doch in der Ostschweiz hält man zusammen. Und bleibt grün-weiss.

    Trägt auch die Clubführung dazu bei?
    In erster Linie trägt sicherlich die Tradition des Clubs viel dazu bei. Ich hoffe aber sehr, dass es auch etwas mit der Art und Weise zu tun hat, wie wir den Club führen. Wir sind nah bei den Menschen, bodenständig und transparent. Die Fans wissen, woran sie bei uns sind.

    Der FC St.Gallen steht nicht nur für die Stadt St.Gallen, sondern für die ganze Ostschweiz …
    Ja, das ist uns enorm wichtig. Wir fühlen uns der ganzen Region – von Frauenfeld bis ins Puschlav – verpflichtet. Es ist ein grosses, verzweigtes Gebiet. Und von überallher spüren wir Unterstützung. Dafür muss man aber etwas tun. Wir machen das zum Beispiel mit unserer «Espen on Tour»-Kampagne, wenn wir in der Vorbereitungszeit in die Regionen fahren. Wir begeben uns zu den Menschen, um den Kontakt mit ihnen zu pflegen.

    Welche Werte bringen Sie mit in den Club?
    Bei mir steht die Glaubwürdigkeit im Vordergrund. Also so zu sein, wie ich bin, ohne mich zu verstellen. Ich pflege den Austausch mit den Menschen, auch dann, wenn es nicht so gut läuft. Zuhören und reden, das ist etwas vom Wichtigsten. Nicht im Turm sitzen und den Club weit weg von der Basis führen. Das wäre nicht meins.

    Steckbrief

    Name: Matthias Hüppi

    Erstes eigenes Auto: Das rot-gelbe Taxi, das nicht wirklich mir gehörte, das ich aber in St.Gallen während meines Studiums fuhr. Während der OLMA war dies ein besonders lukrativer Studentenjob.

    Lieblingsfahrstrecke: Die Strecke über den Julierpass. Ich kenne sie in- und auswendig, weil ich sehr oft ins Engadin fahre.

    Lieblingssportgerät: Wenn es ein Gerät sein muss – mir gefallen auch Sportarten wie Joggen –, dann sind es meine Langlaufski oder seit Kurzem meine Golfausrüstung.

    Unser Heftthema heisst «Unschlagbar» …
    Ha, das wären wir gern! (Lacht.)

    Und worin ist der FC St.Gallen unschlagbar?
    In vielen Punkten, die wir gerade angesprochen haben. In der Regionalität, der Authentizität und dem Gemeinschaftsgedanken. Letztlich geht es darum, Brücken zu bauen und Mauern – sofern vorhanden – niederzureissen, damit wir als Team zusammenhalten und die Leute Einblick haben in das, was wir machen.

    Wenn wir nun wieder auf die Strasse blicken: Wie schätzen Sie die Qualität der Schweizer Asphaltstrassen ein?
    Ich war weit über 30 Jahre lang fürs Fernsehen bei Skirennen international unterwegs und habe allerlei Strassenverhältnisse kennengelernt. Auch im Winter, wenn die Qualität einer Strasse doppelt wichtig ist. Es ist klar: Unser Standard ist hoch, und unser Strassenbau lässt nichts zu wünschen übrig. Man fühlt sich weitestgehend sicher und kommt vorwärts.

    Dieses Jahr gab es auch in St.Gallen Winkeln einige Verkehrseinschränkungen. Von der Sanierung der Stadtautobahn war auch das Stadion betroffen.
    Die Leute haben oft das Gefühl, dass solche Einschränkungen lange dauern. Aber das stimmt nicht. Es geht unglaublich schnell und buchstäblich über Nacht. Und wenn ich sehe, wie alles instand gestellt wird, bin ich beeindruckt. Ich habe grossen Respekt davor, wie diese Teams arbeiten.

    Zuhören und sich austauschen: Matthias Hüppi pflegt den Kontakt zu den FCSG-Fans.

    Kopfball

    Nennen Sie jeweils drei ungefilterte Gedanken zu folgenden Begriffen:

    Espenblock
    Tolle Stimmung. Choreos, die eine Kunst für sich sind. Und der mit Abstand grösste Jugendtreff der Ostschweiz.

    Basel
    Interessanter Gegner. Attraktives Spiel. Und allerbeste Erinnerungen an die Champions League, die ich als Moderator begleiten durfte.

    VAR (Videoschiedsrichter)
    Nicht mein Lieblingsthema. Im tiefsten Inneren möchte ich ihn nicht. Er kann der Fairness aber viel bringen, wenn er den Schiedsrichter nicht torpediert.

    Führungsfunktion
    Menschen. Gemeinsam «öppis risse». Begeisterung entfachen.

    Asphalt
    Unabdingbar. Klimaschutz im Sinn von «je besser die Strasse, desto weniger Energie wird verbraucht». Technologie, die weiterentwickelt
    wird.

    Frauenfussball
    Die EURO als Riesenerfolg. Das Schweizer Nationalteam mit viel Talent. Beim FC St.Gallen ein wichtiges Thema.

    Der Kybunpark ist mit regelmässig über 18’000 Zuschauerinnen und Zuschauern eines der Top-Stadien der Schweiz. Das verlangt nach einer guten Verkehrsführung. Wie gelingt diese?
    Es ist beispielhaft, wie unser Stadion erschlossen und am Verkehrsnetz angebunden ist. Als Sportreporter habe ich viele Orte gesehen, an denen die Zu- und Wegfahrten kompliziert waren und wir immer zusätzliche Zeit einrechnen mussten. Es ist klar: Auch in dieser Hinsicht sind wir in St.Gallen verwöhnt. Das Stadion ist direkt an der Autobahn, mit einer vorbildlichen Signalisation. Und wir arbeiten mit hervorragenden Partnern, die abseits des Fussballfelds für Ordnung sorgen.

    Ihr Saisonziel lautet «Top Sechs» und zielt damit auf die Championship Group ab. Warum so bescheiden und nicht etwa die Champions League?
    Ich finde das gar nicht bescheiden. Das Ziel ist ambitioniert! Denn in der Liga wird es erneut eng werden. Ich glaube nicht daran, dass es einer Mannschaft gelingen wird, davonzurennen. Auch wenn die Unterschiede beträchtlich sind und wir sicher nicht zu den finanzstärksten Clubs gehören. Wir haben eine stabile wirtschaftliche Basis. Aber wir können keine Wahnsinnsgagen für Spieler zahlen. Auch darum wäre es vermessen, wir würden uns die Champions League als Ziel setzen. Wenn man sieht, wie sich der europäische Fussball an der Spitze entwickelt, befinden wir uns klar in einer Nische. Und die ist attraktiv. Darum kommen ja so viele Leute ins Stadion.

    Welcher Ausgleich gibt Ihnen die Power, die Sie für den Beruf benötigen?
    Die Bewegung generell. In der Region unterwegs sein. Kulturelle Veranstaltungen und gute Bücher. Aber auch einfach das Privatleben mit meiner Familie, das ein wunderbarer Ausgleich zu dem ein wenig verrückten Fussballgeschäft ist.

    Matthias Hüppi, *1958, war über 35 Jahre als Sportjournalist beim Schweizer Fernsehen tätig. 2018 übernahm er das Präsidium des FC St.Gallen, wo er mit Leidenschaft, Bodenständigkeit und Teamgeist einen Neuanfang prägte. Er ist verheiratet, Vater von drei Kindern, Grossvater von drei Enkelkindern sowie passionierter Hobbymusiker.

    Interview: Carmen Püntener, Bilder: Bodo Rüedi